Grüne feiern den Atomausstieg — ohne Flackern

14.04.2023: Auf Anregung des Kreisvorstands Matthias Wagner lud der Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen Aalen-Ellwangen alle Mitglieder zu einer Feierstunde in Hugs Weinkontor in der Bahnhofstraße ein. Nach über 60 Jahren Atomkraft und engagierten bürgerschaftlichen Anti-Atomkraft-Protesten wurden am Tag darauf die letzten drei Reaktoren in Deutschland abgeschaltet.

Matthias Wagner begrüßte die zahlreichen Mitglieder mit Jugenderinnerungen. Sein Großvater habe damals AKWs verteidigt, aber er habe in den 1980er Jahren in vielen Diskussionen widersprochen und sich seither für den Ausstieg engagiert. Für ihn sei jetzt die Abschaltung ein ganz besonderer Grund zu feiern.

Kreissprecherin Ulrike Richter zitierte Robert Habeck mit „drei grünen Meilensteinen in der Energiepolitik“: Atomausstieg jetzt, Kohleausstieg bis spätestens 2030, Einstieg in die Wärmewende mit dem Gebäude-Energie-Gesetz jetzt. „Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn wir uns alle mehr Schnelligkeit wünschen.“ betonte sie. Von anderen Parteien wie der CDU/CSU (besonders von Markus Söder, der damit Wahlkampf betreibe), der AfD und auch Teilen der FDP würden aus politischem Kalkül heraus in allerletzter Minute Ängste vor Energieknappheit geschürt. Diese Ängste und Sorgen seien in der Bevölkerung weit verbreitet, wie Umfrageergebnisse zeigten. „Wie gehen wir vor Ort mit dieser gesamtgesellschaftlichen Polarisierung um?“ fragte sie. Ihre Antwort: es brauche Debatten, Zuhören, Ausgleich und auch Kompromisse, auch wenn es anstrengend sei. Und mit Verweis auf das Gesprächsangebot zum Atomausstieg auf dem Aalener Wochenmarkt am nächsten Tag resümierte sie: „Wir hier im KV stellen uns der Auseinandersetzung.“

Ihr Co-Sprecher Alexander Asbrock erinnerte daran, dass Kernenergie die teuerste und riskanteste Form der Energiegewinnung in Deutschland sei. Alles spräche für eine Energiepolitik, die auf erneuerbare Energien setzt. Die Unionsparteien hatten den Atomausstieg vor über zehn Jahren beschlossen und handelten inkonsequent.

„Die Sonne schreibt keine Rechnung!“ zitierte Margit Stumpp einen Buchtitel. Die frühere Bundentagsabgeordnete, selbst Photovoltaik-Pionierin in Königsbronn, gedachte des Atomunfalls in Tschernobyl vor 37 Jahren: Selbst in Süddeutschland durften Kinder wochenlang nicht draußen spielen und rings um den Reaktor befänden sich für alle Zeiten ganze Landstriche in der Todeszone. Es sei schlicht nicht zutreffend, dass Deutschland Atomstrom aus Frankreich importieren müsse. Ganz im Gegenteil habe das Land in den vergangenen Monaten große Strommengen an Frankreich liefern müssen, wo wegen Wassermangels zeitweilig bis zu einem Drittel aller Reaktoren stillstanden. Stillschweigend importierten die Betreiber auch nach wie vor fast das gesamte Uran aus Russland. Und schließlich hätten die Befürworter der Kernenergie immer noch keine Antwort auf die Fragen der Reaktorsicherheit und der Endlagerung.

Der KV feierte daher die Abschaltung der letzten drei AKWs als einen wichtigen Schritt. Rolf Siedler hatte seine Gitarre mitgebracht und stimmte alte und neue Protestlieder an: sehr stimmungsvoll bei Kerzenschein! — Und, man ahnt es schon, auch das elektrische Licht flackerte im Laufe des Abends nicht.

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