„Vor Ort” heißt das Motto, unter dem unsere grünen Ministerinnen und Minister durchs Land ziehen und grüne Politik sichtbar machen. Am Montag, dem 21.11.22, kam unter diesem Motto Finanzminister Dr. Danyal Bayaz in den Kulturbahnhof nach Aalen.
Eingeführt wurde der Minister mit einem Grußwort von Ulrike Richter, die die etwa 150 Anwesenden zunächst mit der Einsicht konfrontierte, dass wir Bürgerinnen und Bürger es selber sind, die durch unser alltägliches Verhalten mit vielen Entscheidungen die Zukunft „vor Ort“ gestalten. An diesem Abend nun sollte der Raum für neue Impulse und zum Austausch gegeben werden
Danyal nahm in seinem Impulsvortrag die drei Schlagworte „Entlastungsbedarf“, „Investitionsbedarf“ und „Konsolidierungsbedarf“ in den Fokus. Konsolidierung sei nach den stressigen Corona-Jahren und angesichts 15 Milliarden Euro Schulden in Baden-Württemberg dringend angesagt. Trotzdem sei der kommende Doppelhaushalt mit 120 Milliarden Euro kein Sparhaushalt, denn sowohl die Bürger als auch die Industrie müssten in der kriegsbedingt beschleunigten Transformation entlastet werden. Für das neue Geschäftsmodell, das nach Jahren des Outsourcens von Sicherheit, Energie und Export wieder mehr Verantwortung des Staates im Land braucht und auch den hiesigen Menschen Verantwortung aufbürdet, seien daher auch Kompromisse nötig. „10% Inflation kann der Staat nicht zu 100% kompensieren. Man muss auch über Zumutungen diskutieren”, gab der Finanzminister den Gästen mit.
Trotz allem aber habe man das große Ziel, die Landesverwaltung bis 2030 klimaneutral zu stellen, fest im Blick und müsse dafür sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Digitalisierung einen Gang zulegen. Für die dafür nötigen großen Investitionen hofft Danyal Bayaz auch auf privates Kapital. Optimistisch schaut er nach vorne, wenn das Land Gradmesser wie die EU-Taxonomie und die UN-Klimaziele als Maß für staatlich geförderte marktwirtschaftliche Lösungen ansetzt.
Die anschließende Podiumsdiskussion moderierte souverän Alexander Asbrock. Unter der Maxime, das Dringliche zu machen, aber das Wichtige nicht zu vergessen, führte der Finanzminister aus, dass es normal sei, wenn einerseits Unternehmen vergehen und andererseits neue aufblühen. Im Land mit seinen vielen Hidden Champions, der Dezentralität und der Innovationskraft dürfe man optimistisch sein. Darum dürfen eigentlich kerngesunde Unternehmen nicht wegen der kriegsbedingt hohen Energiepreise insolvent werden. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwürttemberg, Thilo Rentschler, sah eine große Bedrohung in der hohen Inflation der Erzeugerpreise, für deren Abwehr keine Blaupause vorliege. Auch für Katja Maier, die Vizepräsidentin der Handwerkskammer Ulm, zeigt das Lieferketten-Problem, dass das Geschäftsmodell „Exportvizeweltmeister” nicht mehr funktioniert. Beide wünschten sich Gesetzesänderungen, um die Akquise, die Ausbildung und das Halten von Fachkräften stärken zu können. Die vierte Rednerin in der Diskussionsrunde, Sandra Jörg, hat ihr Start-Up Blackpin international aufgestellt und kein Problem, Fachkräfte zu finden. Sie hilft mangelnden Sprachkenntnissen durch digitale Tools auf die Sprünge und empfahl „Employee-Sharing”.
In der abschließenden Fragerunde erhielten die Zuhörer Antworten auf konkrete Fragen zum Klimaschutz, zur Bürokratie, Rente und zur Rolle von Genossenschaften, auch zur Verbeamtung von Lehrkräften. Mit Blick auf die Kritik an der geplanten Teilprivatisierung des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW betonte Danyal, es gehe um eine Minderheitenbeteiligung von 49,9% – antidemokratische und totalitäre Staaten kämen nicht zum Zug.
Viele nutzten anschließend die Möglichkeit an Stehtischen und bei Getränken miteinander ins Gespräch zu kommen.
Susanne Garreis
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