Steffi Endig u. Ulrike Richter vom KV und Martin Grath (MdL Heidenheim) begrüßen MdL Thomas Poreski (2.v.r.)

Grüne Impulse für gute Bildung


Der Kreisverband Aalen-Ellwangen von Bündnis 90/DIE GRÜNEN veranstaltete einen „bildungspolitischen Austausch“.

Als Referent war Thomas Poreski, MdL, der bildungspolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, eingeladen. Er berichtete über die Grundlinien grüner Bildungspolitik — und freute sich über „10 Thesen zur grünen Bildungspolitik“ von Sandra Bretzger, Steffi Endig, Melanie Kraus, Ralf Meiser und Martin Schaub.

Als ausgebildeter Sozialarbeiter und Pädagoge machte Poreski Mut zum Aufbruch. Seit Teresa Schopper als grüne Bildungsministerin im Amt sei, spüre er viel Dynamik: „Wir brauchen Veränderung, damit die tollen Leute im System zu Wort kommen. Denn wir wollen von den Besten lernen.“ Wie wichtig dieser Aufbruch sei, so Poreski eingangs, zeigten Studien wie PISA, IQB und IGLU, die dem Land eher durchschnittliche Daten bescherten. Baden-Württemberg könne von den Bundesländern lernen, die die größte positive Dynamik in der Schulentwicklung entfalteten, nämlich Hamburg und Schleswig-Holstein.

Poreski warb für eine Schulentwicklung, die sich an den international anerkannten Erfolgskriterien von Leistung, Chancengerechtigkeit und Wohlbefinden (excellence, equity, wellbeing) der Schüler:innen orientierten und betonte, dass diese Faktoren systemisch zusammenhingen. Keines sei ohne die anderen beiden zu erreichen.

Dazu müsse jetzt Geld richtig investiert und Ressourcen transparenter gesteuert werden. So ordne Hamburg den Schulen die Lehrkräfte nicht nach Klassen-, sondern nach Schülerzahl zu, und könne so die Schulen deutlich gerechter ausstatten und auch auf soziale Brennpunkte eingehen. Zur Zusammenarbeit in der Koalition meinte Poreski: „Was Ressourcensteuerung betrifft, sind wir mit der CDU in vielen
Punkten einig.“

Poreski nannte eine ganze Reihe von Maßnahmen, um die Kinder und Schulen in Baden-Württemberg voran zu bringen. Für ihn muss Bildung bereits mit den Jüngsten beginnen. Baden-Württemberg habe einen klaren Orientierungsplan für frühkindliche Bildung, der jetzt verbindlich werden müsse, damit
nicht diejenigen Kommunen wirtschaftlich profitierten, die Kosten sparten und den Plan nicht konsequent umsetzten. Hier müsse das Land, das über eine Milliarde in die Kitas investiert, deutlich werden. Für die Schulkinder solle keine große Bildungsreform kommen, aber der Bildungsplan konsequent entschlackt werden, um Freiräume zu schaffen für nachhaltiges Lernen, Diversität, Friedensbildung und Vertiefung (“Deeper Learning”).

Bei der Umsetzung seiner Ideen zeigte sich Poreski als Praktiker. Er halte viel vom Modell „3 gleich 2“. Hier können Kinder ihren Begabungen entsprechend in zwei oder drei Grundschuljahren beschult werden, ohne Angst haben zu müssen “sitzenzubleiben“. Eventuell könne auch die Diskussion um ein G9-Gymnasium, das sich etwa die Hälfte aller Familien wünschten, durch ein Gymnasium mit „Abitur im eigenen Takt“ abgelöst werden.

Auch in der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte steuern die Grünen jetzt nach Möglichkeit nach. Junge Kolleg:innen sollen beispielsweise in der Kommunikationspsychologie geschult werden, um zunehmend heterogene Gruppen erfolgreich zu führen. Poreski: „In Kanada ist das positive Verhältnis zur Vielfalt unter den Schüler:innen und Kolleg:innen ein Erfolgsrezept.“

Sandra Bretzger, Steffi Endig, Melanie Kraus, Ralf Meiser und Martin Schaub, allesamt in der Schule tätig, stimmten ihm zu: Baden-Württemberg müsse mehr in Bildung investieren, um als rohstoffarmes Land auf Dauer unseren Wohlstand erhalten zu können. Es müsse in den Schulen „multiprofessionelle Teams“ geben, die es den Lehrkräften und Schulleitungen ermöglichen, sich auf ihre eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Kooperation statt Konkurrenz führe zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Daher brauche es eine starke integrative Schule, die Kinder und Jugendliche aus verschiedenen gesellschaftlichen Hintergründen dort abholt, wo sie stehen, und die es ihnen ermöglicht, individuell maximale Bildungserfolge zu erzielen.
Das Land müsse Talente fördern – und Schulen, die Zeitressourcen zurückgeben, die es seit 10 Jahren abbaue. Es brauche dringend auch Mittel für Sprachförderung. Dabei müsse sich Baden-Württemberg um den Lehrernachwuchs kümmern. Die Grünen freuen sich, dass die Landesregierung entschieden hat, angestellte Lehrer:innen zukünftig auch in den Sommerferien zu bezahlen. Referendare sollen gleich eine Einstellungszusicherung erhalten.

Auch einen Spartipp hatte das Team parat: Durch Bürokratieabbau könne das Land viel Geld sparen, beispielsweise durch den Abbau von Doppelstrukturen beim Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und den Regierungspräsidien — und beim Abitur, bei dem sich Baden-Württemberg als einziges Bundesland ein dreigliedriges Korrektursystem und dreiköpfige Prüfungskommissionen leistet. Das führe zu großem Stress bei Kolleg:innen und Schulleitungen und vielen Unterrichtsausfällen.

Die Teilnehmer:innen des bildungspolitischen Austauschs waren zum Abschluss der einhelligen Meinung, über Bildungspolitik müsse auch vor Ort viel mehr diskutiert werden. Steffi Endig und Kreisvorsitzende Ulrike Richter sicherten zu, dass der Kreisverband am Thema „Bildung“ dranbleiben wolle: „es gibt so viele guten Ideen, vor Ort und in Stuttgart – vom Austausch profitieren wir alle.“

Martin Schaub

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